Stellungnahme des Frauen und Queersstreikbündsnis Kassel zu der HNA-online Berichterstattung vom 08.03.

–(Stellungnahme des autonomen Frauenhauses Kassel unten)–


Am Abend vom achten März, wurde auf der Webseite der HNA ein Artikel, anlässlich der Aktionen zum Internationalen Frauenkampftag, in Kassel, veröffentlicht. Wir, vom Frauen- und Queersstreik Bündnis Kassel, welches, neben zahlreichen anderen Aktionen, für die Organisation der Demonstration am 08.03. und des offenen Austauschraumes am 07.03. verantwortlich war, sind entsetzt und entrüstet über die unseriöse und inhaltlich falsche Pressearbeit, die in diesem Artikel abgeliefert wird: https://www.hna.de/kassel/kassel-internationaler-frauentag-wuetende-reden-und-dialog-13585737.html

Der Artikel, der von einem von einem Redaktor namens Axel Schwarz unter dem Titel „Internationaler Frauentag in Kassel mit zwei Seiten: Wütende Reden und ernsthafter Dialog“ veröffentlicht wurde, vermittelt ein negatives, lückenhaftes und subjektives Bild der Demonstration, die zum internationalen Frauenkampftag stattfand. Außerdem enthält er die schlichtweg fehlerhafte Information, das Frauenbündnis hätte am selben Tag einen Stand vor dem Rathaus organisiert, während dieser tatsächlich am Tag darauf und auf dem Opernplatz stattfand.

Dein Artikel wie dieser ist keine objektive Berichterstattung, viel mehr ist er ein politischer Kommentar des Antifeminismus, den man bewusst als „Bericht“ versucht hat zu tarnen. Es ist ein Artikel, der Überscheidungen zwischen Feminismus und Antirassismus leugnet, und sowohl feministische als auch antirassistische Forderungen als „keine konkreten Anliegen“ (sic.) und „offenes Wut-Artikulationsangebot aus allen erdenklichen Befindlichkeiten gefühlter Benachteiligung“ (sic.) abtut, und versucht zu illegitimeren. Es ist ein Artikel in dem die, von uns in mehreren Reden klar als solche benannten, gravierenden, reellen Missstände wie Diskriminierung auf Grund von Geschlechts Identität, sexualisierte Gewalt, Femizide, Vergewaltigungen, sexistische Rechtslagen genau so wie geschlossenen Grenzen, als Befindlichkeiten und gefühlte Benachteiligung bezeichnet werden. Es ist ein Artikel, in dem versucht wird die Anliegen und Forderungen von FLINT(Frauen, Lesben, Inter, Non-binär, Trans)-Personen dadurch zu diskreditieren, dass, statt die Inhalte der Forderungen kritisch zu beleuchten, die Emotion Wut, mit der viele der Themen besetzt sind und nach außen getragen wird, kritisiert und als unangemessen dargestellt werden. Es ist dadurch auch ein Artikel, in dem sich der Autor, Axel Schwarz, anmaßt, FLINT-Personen vorzuschreiben, welche Emotionen sie beim Äußern ihrer Anliegen nach außen zu tragen hätten.  Es ist ein Artikel, in dem ein, um ein ganzes Jahr veralteter, Tweet der Stadt Kassel zitiert wird. Damit wird behauptet, das Frauenbündnis hätte seinen Stand am 08.03. organisiert und nicht wie in der Realität und wie lange zuvor angekündigt am 09.03. Spätestens daran wird sehr deutlich wie unfassbar wenig Vorarbeit, Mühe, Interesse und generelle Wertschätzung in die Redaktionsarbeit zu diesem Artikel gesteckt wurde. Es ist auch ein Artikel in dem einzelne feministische Bewegungen auf Grund der Art und Weise wie sie in Erscheinung treten, als Gegensätze dargestellt werden, und wahlweise als ernstzunehmend oder nicht ernstzunehmend porträtiert. Es ist ein Artikel in dem bewusst bruchstückhaft und ohne jeden Kontext zitiert wird um Stimmung gegen die Inhalte der Demonstration zu erzeugen.

Wie kann es sein, dass gerade am internationalen Frauenkampftag sich angemaßt wird, zu beurteilen wie kämpferisch und wütend FLINT-Personen ihre Betroffenheit äußern dürften um inhaltlich ernstgenommen zu werden?

Wir erwarten von gutem Journalismus nicht, dass nur gutes über unsgeschrieben wird. Stattdessen erwarten wir, dass sich über die Themen, über diegeschrieben wird, informiert wird. Dass keine schlichten Falschinformationenverbreitet werden, weil man nicht einmal ein Datum auf einem Tweet checkenkann. Dass sich mit Themen inhaltlich kritisch auseinander gesetzt wird, stattzu versuchen Inhalte zu illegitimeren, indem man absichtlich unvollständigzitiert, Fakten zu Gefühlen verdreht und gezielt nur den Tonfall statt dasGesagte thematisiert. Und ja, wir erwarten von gutem Journalismus auch, dasskein Platz gemacht wird für sexistische Methoden die darauf abzielenFLINT-Personen klein zu machen und ihre Forderungen zu diffamieren. Dassderartige Pressearbeit in einer Zeitung Platz findet, die den Anspruch nachaußen trägt seriösen Journalismus zu leisten, geht uns alle etwas an. Wirfordern euch alle dazu auf, euch gegen inhaltlich falsche, polemische Pressewie dieser zu positionieren!

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Stellungnahme des Frauenhauses Kassel zur HNA-Online –Berichterstattung (8.3.) und Print-Berichterstattung vom 9.3.2020 über den Internationalen Frauentag in Kassel

Die Berichterstattung der HNA zum diesjährigen Internationalen Frauentag beschreibt die Demonstration am 8.3. 2020 zu der die Gruppe „Frauen und Queers Streik*“ aufgerufen hatte als ein „Offenes Wut-Artikulierungsangebot aus allen erdenklichen Befindlichkeiten gefühlter Benachteiligung“, in deren „Reden im Weltverweigerer-Stil“ zum Thema Gleichstellung und Beförderung der Frauenrechte „…keine konkreten und damit diskutierbaren Anliegen benannt worden seien“.

Als parallel laufende Veranstaltung zum Internationalen Frauentag wird bei HNA – Online 

https://www.hna.de/kassel/kassel-internationaler-frauentag-wuetende-reden-und-dialog-13585737.html

ein Stand des Kasseler Frauenbündnisses vor dem Rathaus erwähnt, mit einem Text und Foto vom Opernplatz aus dem Jahr 2019. Doch dieser Informations-Stand befand sich erst am Montag, den 09.März 2020 auf dem Opernplatz und war im Vorfeld auch so angekündigt und beworben worden! Am Rathaus wurde um den Austausch zu fördern von der Gruppe „Frauen und Queers Streik*“ bereits am 07.März eine feministische Diskussionsveranstaltung im öffentlichen Raum durchgeführt, zu der wir als Frauenhaus eingeladen waren und die gänzlich unerwähnt bleibt. Unerwähnt bleibt auch die Veranstaltung der DGB-Frauen „Frau auf Arbeit“, die ebenfalls am 7.März stattfand.

Wir sind zutiefst entrüstet über eine derartig sachlich falsche, polemische, skandalisierende, unzureichend recherchierte Presseberichterstattung über den Internationalen Frauentag in Kassel, die auf jegliche Auseinandersetzung mit feministischen Inhalten verzichtet! Diese Empörung geht Alle an, die Interesse daran haben, dass Medien korrekt informieren.

Als positives „Gegenteil von Weltverweigerung“ wird im Artikel anschließend mit einem Foto der muslimischen Frauen der Kasseler Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde deren Diskussionsveranstaltung zum Weltfrauentag hervorgehoben, und das Anliegen „Wir wollen zeigen, dass unter dem Kopftuch gebildete Freuen stecken“ zitiert.

Eine derartige Berichterstattung ist leicht zu entlarven als tradiert patriarchale Strategie, die politischen feministischen Kämpfe zu spalten. Es wird darauf verzichtet über Forderungen muslimischer Frauen genau zu informieren und diese differenziert darzustellen.

Die Events zum diesjährigen Internationalen Frauenkampftag haben hingegen auf der Straße und in öffentlichen Räumen die bunte Vielfalt politischer feministischer Forderungen und Kämpfe aufgezeigt, die es Wert sind genau angehört und diskutiert zu werden!

Es ist derzeit absolut notwendig in der Presse deutliche Signale zu setzen gegen Sexismus und Rassismus. Polemiken als vereinfachendes Stilmittel in der Berichterstattung haben in einer seriösen Presse nichts zu suchen.

Wir erwarten einen Journalismus der von Fake-News und Sensationspresse absieht und Informationen gibt, die eine differenzierte Auseinandersetzung mit feministischen Themen ermöglichen.

Wir erwarten von einer Zeitschrift wie der HNA, dass sie zu solchen Ereignissen Journalist*innen entsendet, die tatsächlich in der Lage sind, sachlich und kompetent zu berichten.

 Das Autonome Frauenhaus Kassel teilt solidarisch den Demo-Aufruf der Gruppe „Frauen und Queers Streik* Kassel“: Für eine gerechte Gesellschaft ohne Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Sexualität oder Arbeitstätigkeit!

Kassel, den 10.3.2020

Frauenhaus Kassel e.V.

Postfach 101103, 34011 Kassel  Spendenkonto SPARDA-Bank Kassel – IBAN DE 18 5009 0500 1501 7757 17

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